Die lange Geschichte des Pokalwettbewerbs ist um eine Episode im Kapitel „David schlägt Goliath“ reicher. Dass sich der große Bruder dafür rächt, dass sich das starke Nachbarskind zuvor den kleineren verhauen hatte, dürfte eine Premiere sein. Vor drei Wochen trat der SSV Reutlingen am Fuße des Schönbergs an und warf die zweite Mannschaft des VfL, die sich dennoch teuer verkaufte, mit 5:1 aus dem Wettbewerb. Nun obsiegten die Hausherren nach großem Kampf mit 6:5 im Elfmeterschießen. Das Pfullinger Landesligateam zieht somit ins Achtelfinale ein.
Obwohl parallel an der Kreuzeiche die Young Boys den Regionalligisten TSG Balingen empfingen, boten 950 Zuschauer einen würdigen Rahmen für die zunächst heiße, später dann laue Pokalnacht. Der Favorit aus Reutlingen bestimmte die Anfangsminuten und brachte die Pfullinger Hintermannschaft zusätzlich ins Schwitzen. Schnell zeigte sich jedoch: Die Defensive um den bärenstarken Schlussmann Tim Zemmer stand sicher. Allmählich kämpfte sich der VfL ins Spiel, sorgte somit für Entlastung und sogar eigene Chancen. Es fehlte nicht viel, und Kapitän Sven Packert oder Kenan Dogan, der am heutigen Donnerstag 19 Jahre alt wird, hätten ihre Farben in Führung gebracht. Auf der anderen Seite glänzte immer wieder Zemmer, dem drei Mal das Aluminium zur Seite stand. So traf Nedim Pepic mit einem schönen Freistoß-Schlenzer nur den Pfosten (35.), nachdem wenige Minuten zuvor Maxim Schmalz und Noah Maurer am VfL-Schlussmann scheiterten.
Die erste Chance im zweiten Durchgang hatte nach wenigen Sekunden Finn Beck. Albert Lennerth beorderte den begabten Youngster aus der zweiten Mannschaft in die Startformation. Doch der Abschlusswinkel geriet zu flach, um für ernsthafte Gefahr zu sorgen. Der SSV verbuchte in der Folgezeit ein deutliches Plus an Ballbesitz, insbesondere in der Schlussviertelstunde hatte der VfL kaum noch Zugriff. Doch die Offensivaktionen des Oberligisten verpufften, teilweise erschreckend schwach wurden die Bälle ins Toraus befördert. Wurde es gefährlich, war da immer noch Zemmer.
So blieb es torlos, der insgesamt souveräne Schiedsrichter Maurice Rummel bat die Teams zur Verlängerung. Diese begann mit einem Nackenschlag für den Landesligisten. Nach einer abgewehrten Ecke hielt Schmalz einfach drauf. Der Ball wurde im letzten Moment abgelenkt, Zemmer war zwar noch dran, konnte aber nichts machen, 0:1 (92.). Der SSV beraubte sich dieses Vorteils nur wenige Minuten später wieder. Der nach einer Stunde eingewechselte Topstürmer Konstantinos Markopoulos sah nach wiederholtem Foulspiel die Ampelkarte. Der VfL setzte nun alles auf eine Karte und kam tatsächlich noch zum Ausgleich. In der 122. Minute startete Maxi Bieller einen Flankenlauf auf der rechten Seite, seine präzise Hereingabe versenkte Jakob Kuhle zum 1:1. Der Jubel kannte keine Grenzen – und sollte sich wenige Minuten später noch deutlich steigern: Im fälligen Elfmeterschießen trafen elf Schützen allesamt souverän (VfL: Bieller, Packert, David Kemmler, Melwin Ruckaberle, Nico Seiz, Armin Humic; SSV: Riccardo Gorgoglione, Jonas Meiser, Schmalz, Yannick Toth, Jonas Vogler). Als Pechvogel Philipp Majewski an Zemmer scheiterte, brachen alle Dämme.
Am Sonntag wird im Rahmen des Landesligaspiels VfB Bösingen gegen BSV Schwenningen ausgelost. Die Partien finden am 27. August bzw. am 3. September statt.
Immer zur Stelle, wenn er gefragt war: VfL-Schlussmann Tim Zemmer, der in dieser Szene gegen Tom Ruzicka retten muss.